Lockdown Gebet

by Constanze Bohg

Woche um Woche ist vergangen und ich habe so viele Gedanken, die ich zu Papier bringen will. Da ich aber zusätzlich zum bestehenden bunten Alltag nun auch wieder Grundschullehrerin und zeitgleich Erzieherin mimen muss, bleibt vieles auf der Strecke. Sehr vieles. Ich laufe zum Beispiel derzeit oft abends im Stockdunkeln alleine meine Runde übers Feld, zumindest unter der Woche. Manchmal auch mit ziemlich viel Wut im Bauch darüber, dass ich ja etwas „illegales“ tue. Erst um 20:18 Uhr meine Runde beendet – kriminell! Sperrstunde beginnt doch um 20 Uhr. Dann komme ich mir kurz mal vor wie ein unmündiges bockiges Kind, das jeden Abend eingesperrt gehört. Puh!

Jeden Tag aufs Neue

Mein Mann und ich hatten uns letztes Jahr immer wieder gesagt, wir lassen zwei Themen draußen vor der Tür. Trump und Corona. Das hat unserem Hausfrieden tatsächlich gut getan. Wir als Paar waren halbwegs einer Meinung aber im Freundes- und Bekanntenkreis differieren die Meinungen – und das dürfen sie doch auch! Trotzdem sind wir noch befreundet und bekannt miteinander. Nur den sensiblen Kinderohren wollten wir eben so manch illustre hitzige Diskussion ersparen. Was auch gut so war.

Nun sind wir ins Jahr 2021 gestartet und es fühlt sich an wie “Und täglich grüßt das Murmeltier”. Noch immer hat der Sohn (fast fünf) kein eigenes Zimmer beziehen können, weil es als Selbstverständlichkeit erwartet wird, dass man home office macht auf unbestimmte Zeit. Pech gehabt, Kind! Bis auf weiteres wirst du auch kein eigenes Zimmer haben dürfen, weil wir weder in eine größere Wohnung ziehen noch den Papa ins eigentliche Büro nach Stuttgart schicken können. 

Und so könnte ich hier noch sehr vieles aufzählen, was mich umtreibt, mich wütend macht, mir die Fragezeichen auf die Stirn zerrt. Dann wäre mein Text aber nicht aufbauend und ermutigend. Also muss ich – wie derzeit jeden Tag – die Kehrtwende schaffen von Wut zu Frieden. Von Fassungslosigkeit zu Hoffnung.

Authentisch meckern

Ich sehe es als meine Aufgabe an, meinen Kindern ein gutes Vorbild zu sein. Sei es zum Thema Echtsein, Selbstwirksamkeit oder Überzeugungen. Sie kennen mich fröhlich, traurig, wütend. Still, laut, aufgewühlt, friedlich. Wir sind den Großteil des Tages im Gespräch miteinander über alles, was uns als Individuen und als Familie beschäftigt. Ich erkläre ihnen zum Beispiel, wenn ich so wütend über etwas bin, dass ich draußen Holz hacken gehen muss. 

In letzter Zeit habe ich mich aber wieder und wieder dabei ertappt, dass ich ihnen eben nicht erklären wollte, warum ich grantig oder aufgebracht in der Küche rumgescheppert habe. Als mir dann letzte Woche ein böser Spruch (den ich hier nicht wiedergeben werde) entfleucht ist, schauten mich zwei Paar Kinderaugen fragend an. Ich murmelte ein “Entschuldigung” und wusste: Ich muss dringend raus aufs Feld, durch Matsch und Schnee stapfen und mir von meinem himmlischen Vater Perspektive schenken lassen.

Am Freitag bin ich dann mittags – anstelle meines Mannes, der inzwischen seine Mittagspause mit Kinder hüten verbrachte – eine flotte Stunde durch Wald und Flur gelaufen. Aus mir purzelten die Sätze nur so heraus, halb Hohelied, halb Klagelied. Authentisch meckern nenne ich das.

Danach ging es mir zumindest ein bisschen besser. Warum? Mir war ein Bild von Beni Johnson aus dem Buch “Der glückliche Fürbitter” wieder in den Sinn gekommen. Ich will es kurz mit meinen Worten wiedergeben.

Sing mit mir!

Beni geht spazieren und schüttet Jesus beim Beten ihr Herz aus. Sie hat gerade von einer Frau Dinge erfahren bezüglich des Okkulten in ihrer Stadt. Während sie so läuft und betet, sieht sie, wie Jesus neben ihr her geht, Schulter an Schulter. Wie beste Freunde. Ihr fällt auf, dass Jesus eine Hand hinterm Rücken hält und fragt ihn, was er in seiner Hand hält. Er zeigt es Beni: In Jesu Hand liegt die Weltkugel. So klein! “Ich hab alles im Griff”, ist die Botschaft, die er vermittelt. Es ist mehr als ein Kinderlied: Gott hält die ganze Welt in seiner Hand.

Jesus hält die ganze Welt in seiner Hand!

Auch in mir rückte diese Illustration vieles wieder gerade und deshalb kam ich mit Frieden im Herzen daheim an.

Ohnmacht!

An der Situation um mich herum hatte es aber rein gar nichts geändert. Am Abend telefonierte ich mit meinem Mentor aus den USA. Wir sprachen noch nicht lange, da unterbrach er mich mitten im Satz mit den Worten: “Wie – ihr könnt nicht ins Restaurant oder einen Buchladen gehen? Was meinst du mit „Es gibt offiziell nur noch eine erlaubte Meinung?”

Ich musste ihm erstmal erklären, was in Deutschland seit Monaten vermeintlicher “Ausnahme-Alltag” ist, und er stellte mir die gleichen Fragen, die ich mir stelle und nicht mit logischen Attributen beantworten kann. Dann platzte der Knoten im Kopf. Ohnmacht. Das ist es, was ich trotz Frieden im Herzen spüre, tagein tagaus. Was mich unterschwellig immer wieder wütend macht. Dieses Gefühl der Hilflosigkeit angesichts von Unverhältnismäßigkeit und Ungerechtigkeit.

Also tags darauf wieder eine Runde laufen, dieses Mal mit einer meiner Betfreundinnen. Kilometer um Kilometer reden, fragen, diskutieren, zweifeln. Und wenn das Herz ausgeschüttet ist, gemeinsam ins Gebet gehen. Schönster Moment des Spaziergangs. Dieses Wissen, Jesus ist mit uns den Weg gegangen, er kennt uns, er sieht uns, er liebt uns.

Gebet

Auf den letzten Metern des schlammigen Feldwegs betete ich diese Worte, und mit denen beende ich jetzt auch den Text. Sie haben mir nicht nur Frieden geschenkt für den heutigen Tag, sondern was viel wichtiger ist: mir meine Perspektive wieder gerade gerückt. Das wünsche ich auch Dir von Herzen. Bete doch gern diese Zeilen mit mir, heute und in jedem Moment, in dem es wieder nötig wird:

“Jesus, ich danke Dir, dass Du der König aller Könige bist. Ich danke Dir, dass Du bald wiederkommst. Bitte gib mir ganz neu genau diese Perspektive: Zu wissen, dass all das, was ich erlebe und sehe, nur die Vorwehen sind für das, was Du in Deinem Wort beschrieben hast. Jesus, lass mich wachsam und ganz nah an deinem Herzen bleiben in dieser wirren Zeit. Gib mir geöffnete Herzensaugen zu sehen, was Du siehst. 

Vater, danke für dein Versprechen, über Deinem Wort zu wachen, dass es genau das ausführt, wozu es gesandt ist. Danke für Dein Versprechen, dass Dein Wort nicht leer zurück kommt. Vater, Du allein bist allwissend. Du allein bist allgegenwärtig. Du allein bist allmächtig. Ich bringe Dir meine Ohnmacht und lege sie ab in Deiner All-Macht. Ich will Dir vertrauen wie meine Kinder mir vertrauen, aus ganzem Herzen. Wissend, dass nichts auf dieser Welt für Dich überraschend ist. Wissend, dass Dir kein Fehler unterläuft und Du mein souveräner Gott bist, der mich in seiner Hand hält.

Heiliger Geist, bitte sei du mein beständiger Berater und Tröster, so wie Gottes Wort es sagt. Erinnere mich immer zur rechten Zeit an alles, was Jesus gesagt hat (Johannes 14/26). Ich brauche jeden Tag neu deinen Zuspruch, deine Erkenntnis. Danke, dass Du in mir wohnst.

Amen.

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