Runter mit der rosaroten Brille

by Constanze Bohg

Wenn du mein Leben ein gutes Jahr zurückspulst, siehst du eine Frau, die total glücklich ist, 40 zu sein. Eine Frau, die gespannt ist auf alles, was diese neue Dekade für sie bereit hält.

Stand heute kannst du mich anschauen und mir einfach noch ein Taschentuch in die Hand drücken, damit ich mir die Nase putzen und die Tränen wegwischen kann. Nicht falsch verstehen, ich bin immer noch total glücklich, auch mit 41. Aber es hat sich etwas grundlegend geändert. Und das sind nicht nur die verheulten Augen.

Schön ist das ganz sicher nicht, ich weiß! Aber auch dieses Leben, was um uns herum passiert, ist nicht immer schön. Eine Warnung an dieser Stelle: Im heutigen Text geht es auch um Themen, die auf den ein oder anderen Leser verstörend wirken können. Aber für mich ist die Zeit vorbei, in der ich diese Dinge für mich behalten habe. Ich musste es zu Papier bringen. Musste diesen Text hochladen. Einige dieser Fakten, nein, die meisten dieser Fakten, liest oder hört man nicht in den staatstragenden Massenmedien. Das meiste dessen, was du darüber liest, wird weichgespült mit Worten wie „tolerant“, „liberal“ oder „weltoffen“.

Nun fragst du dich vielleicht immer noch – warum der Rotz und die Tränen? Nun, zum einen trauere ich um mein Leben „vor 2020“. Und ich mache nicht einen kleinen Virus für das verantwortlich, was seitdem alles geschehen ist. Das ist ein Teil der Erklärung, ok. Aber der weitaus größere Teil der Erklärung hängt damit zusammen, dass ich meine rosarote Brille nicht mehr trage.

Wegschauen gilt nicht.

Bis vor gut einem Jahr kam mein Mann des öfteren zu mir und sagte: „Liebling, nur weil du dich weigerst hinzuschauen, was in Politik und Gesellschaft vor sich geht, heißt noch lange nicht, dass es nicht da ist.“ Ich hab dann immer nur mit den Schultern gezuckt und den Satz stehen lassen. Ich sah keine Notwendigkeit, mich durch Blogs und Podcasts zu graben, um all diese Dinge aufzunehmen.

Tja, und dann wurden wir allesamt innert weniger Tage in den Lockdown geschickt. Weltweit ziemlich viele Nationen, bei weitem nicht alle. Anfangs war ich noch fleißig mit dabei in den sozialen Medien, gemeinsam mit der großen Menge #wellenbrecher und #wirbleibenzuhause. Aber die Wochen gingen ins Land und wurden Monate und mein Mann und ich sprachen seit einer Weile. Beziehungsweise lauschte ich und er erzählte. Ich hatte sehr viel Nachholbedarf. Ich begriff mehr und mehr die Zusammenhänge und „Trends“, die gefühlt auf mich zurollten. Und ich rede hier nicht von Verschwörungstheorien.

Da ich endlich einsah, dass ich nicht länger wegschauen konnte, begann ich mich genauer zu informieren. Ich registrierte mich auf Plattformen für online Petitionen (zum Beispiel hier). Auch gut recherchierte Blogs (siehe hier und hier) und Websites (zum Beispiel diese) sowie den indubio Podcast nutze ich seitdem, um informiert zu bleiben. Es fühlt sich auch heute noch so an, als würde ich immer wieder die rosarote Brille runter nehmen. Meine Augen tun oft weh. Mein Herz auch.

Kriegsgebiet

Für mich war 2020 das Jahr, in dem ich begann, hinzuschauen statt mich wegzudrehen. Ich stellte mich mehr und mehr in die Verantwortung für das, wofür ich auf diesem Planeten bin. Zuallererst, Zeit mit Jesus zu verbringen, meinem Retter. Und dann, aus dieser Herzensverbindung heraus in die Welt zu gehen. Und mit jedem Schritt Licht in die Finsternis dieser Welt zu tragen durch Gebet und mit der Wahrheit in Liebe.

Wie einige vielleicht wissen, leite ich das Fürbitteteam in unserem kleinen feinen Lobhaus. Bisher habe ich in den Gebetszeiten Gott einfach gebeten, mir ein Anliegen aufs Herz zu geben. Und das mache ich natürlich auch weiterhin so. Aber die Themen waren oft eher allgemeiner Art, nicht sehr spezifisch. Seitdem ich dem „Monster unserer Zeit“ ins Gesicht schaue, bete ich viel zielgerichteter und kämpferischer. Mir ist so viel mehr bewusst, dass ich mitten im Kriegsgebiet lebe. Nie gegen Menschen aus Fleisch und Blut gerichtet. Immer gegen die Mächte und Gewalten in der unsichtbaren Welt. Hui, das klingt übel, oder? Soll es auch! Selbst mein fünfjähriger Sohn ist sich dieser Realität bewusst. „Mama, es gibt die böse Macht, den Teufel. Und es gibt die guten Mächte – Jesus und Gott und der Heilige Geist – und die gewinnen immer am Ende!“ Oh geliebter Sohn, ich liebe deine Weisheit und Einsicht. So ist es!

Um gewinnen zu können, braucht es vorher einen Kampf. Und da stecken wir mittendrin, ob wir es sehen wollen oder nicht. Im Austausch mit vielen anderen Gebetskämpfern weltweit habe ich in den letzten Monaten immer wieder den Eindruck gewonnen, der Feind weiß verdammt genau, dass seine Zeit dem Ende zugeht. Der Spruch „da ist die Hölle los“ gewinnt eine ganz andere Bedeutung.

Im Ernst?

Denn, mal ehrlich, wie kann es denn bitte sein, dass das Bündnis der Ehe, das von Gott zwischen Mann und Frau gesetzt ist, heute auf „jede(r) mit jede(m)“ gemünzt und legalisiert wird? Wie kann es sein, dass eine Partei in Deutschland eine Gesetzesvorlage (Zitat: „gebärfähige Körper, in der überwiegenden Mehrzahl Frauenkörper) einreichen darf, in der gefordert wird, dass Abtreibung bis zum 9. (!) Monat straffrei bleiben soll?! Das ist nicht nur krankhaft, das ist Mord. Und dennoch geschieht es schon heute überall auf der Welt, legal. In was für einer pervertierten Welt leben wir?

Wie kann ein Mann, den Gott als solchen geschaffen hat, sich als Frau fühlen und dann fordern, in einem Frauenhaus (das vergewaltigten und schwer traumatisierten Frauen zum Schutz dienen soll), zum übernachten eingelassen zu werden? Die Leiterin des Frauenhauses (Anchorage, Alaska) wird nun von der Stadt verklagt, da sie sich diskriminierend verhalten habe (hier die ganze Geschichte). Wie kommt es, dass in der evangelischen Landeskirche (Beispiel Alt-Pankow) ernsthaft diskutiert und behauptet wird, es könne nicht sein, dass die Dreieinigkeit nur männlich belegt sei! Denn, wer weiß, „vermutlich hatte er also männliche Geschlechtsmerkmale und wurde zu einem Mann erzogen. Öffentlich reflektiert habe er seine Männlichkeit jedoch nicht.“ (der ganze Artikel inkl. Zitat ist hier nachzulesen).

Wie kommt es, dass die EU mit deinen und meinen Steuergeldern Kinderbücher finanziert, die Kindern ab drei Jahren zum Thema „Geschlechtsidentität“ den Horizont erweitern sollen? Mit der Fördersumme von 400.000 Euro wird unter anderen ein Buch über ein schwules Känguru-Pärchen gesponsert. In unserem kleinen Dorf, idyllisch inmitten von Weinbergen und Schwaben gelegen, wurde letzte Woche in der dritten Klasse der Lesetext der Woche verteilt. Dieser handelt von schwulen Pinguinen, die im Zoo gemobbt werden und in einen Hungerstreik treten. Ich habe unserer Rektorin eine Email geschrieben mit der Bitte um Stellungnahme.

Ich höre an dieser Stelle mit den Beispielen auf. Es sind keine Einzelfälle. Es ist Teil unseres Alltags in Deutschland, Österreich, der Schweiz, UK, USA, etc. etc. Und auch wenn ich mich ein Nachfolger Christi genannt habe, so habe ich bis letztes Jahr konsequent weggeschaut bei solchen Themen. Das ist nun vorbei.

Herr, wie lange?

Ich muss bis heute sehr weise damit umgehen, wieviel ich von diesen Informationen „konsumiere“. Ich kann nicht den ganzen Tag lang über all die Ungerechtigkeiten und Verdrehungen lesen. Aber ich konfrontiere mich damit und schweige nicht mehr dazu. Meinem lieben Ehemann danke ich sehr, dass er so geduldig immer wieder dieses Thema angesprochen und nicht locker gelassen hat.

Als das Jahr 2020 sich dem Ende neigte, war mir in einer Gebetszeit (wieder) zum Heulen zumute und ich hörte mich wie Habakuk an:

HERR, wie lange soll ich schreien, und du willst nicht hören? Wie lange soll ich zu dir rufen: »Frevel!«, und du willst nicht helfen? Warum lässt du mich Bosheit sehen und siehst dem Jammer zu? Raub und Frevel sind vor mir; es geht Gewalt vor Recht. Darum ist das Gesetz ohnmächtig, und die rechte Sache kann nie gewinnen; denn der Gottlose übervorteilt den Gerechten; darum ergehen verkehrte Urteile.

Habakuk 1/2-4 (Luther)

Gottes Antwort auf mein Rufen kam in zwei Teilen. Der erste Teil gleich im November in besagter Gebetszeit:

„Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.“

1 Petrus 5/8 (Luther)

Nüchtern und wachsam – das kriegte ich hin. Aber was war mit meiner Wut und Fassungslosigkeit ob der Gräuel und Verdrehungen, die passieren? Was sollte ich mit all meinen Fragen und meiner Ohnmacht tun angesichts soviel besorgniserregender und beunruhigender Entwicklungen?  

Gottes Antwort zu diesem Thema war sehr klar und unmissverständlich. Sie kam neulich, Ende Februar, als ich wieder im Wald unterwegs war. Ich kämpfte gerade gegen eine ziemlich starke Dosis Verzweiflung und einen Hauch Hoffnungslosigkeit.  

Photo by Sam Egarr on Unsplash

Erwache, meine liebe Seele!

„Denn wir kennen ja den, der sagt: »Die Rache ist mein; ich will vergelten!, spricht der Herr«, und weiter: »Der Herr wird sein Volk richten«.“

Hebräer 10/30 (Schlachter)

Darüber musste ich nicht lange nachdenken – sehr knackig und einleuchtend, diese Antwort. Ich räusperte mich und sagte: „Ok, Gott, verstanden. Aber was mache ich nun, wenn ich nicht richten und mich aufregen soll?“

„Bete mich an!“

Mir kam ein Lied in den Sinn, das ich seit letztem Jahr fast täglich singe. Awake my soul. Erwache, meine Seele! Ich stöpselte meine Kopfhörer in die Ohren und ließ das Lied laufen. Kurzer Blick nach rechts und links, kein Förster oder Jogger in Sicht. Ich hüpfte und sprang, ich sang und rief es in den Wald. Mir liefen die Tränen (wieder mal) vor Erleichterung, während ich mir die angesammelte Anspannung aus der Seele trällerte.

Awake my soul!

Denn weisst du was? Unser Jesus, der König aller Könige kommt bald zurück! Und ihn macht nichts glücklicher als seine Jünger, die ihn anbeten. Die sich unter die mächtige Hand Gottes demütigen und für ihr Land in den Riss treten. Er wird rechtmäßig gepriesen, dann weicht die Finsternis. Er allein ist es würdig, angebetet zu werden.

Der „Wald-Effekt“

Als ich von meinem „Waldgottesdienst“ zurück nach Hause kam, fühlte ich mich unendlich erleichtert. Seitdem versuche ich, einen gesunden Mix aus „viel Bibel“ und „ein kleines bißchen Weltgeschehen“ zu konsumieren. Und selbst dann habe ich immer wieder Zeiten, in denen die Schwere scheinbar überhand nimmt. Dann bin ich dankbar für Zeiten im Lobhaus, so wie letztes Wochenende, als wir 48 Stunden durchgebetet haben. Nach meiner zweistündigen Schicht ging es mir so wie nach dem Waldspaziergang – alle Lasten wieder bei Jesus abgegeben und mich ihm anvertraut. Ihn wieder mein Joch gerade rücken und meinen Fokus justieren lassen.

Und als ich gestern vormittag meinen Mann bat, mit mir zu beten, während ich mir die Seele aus dem Leib schluchzte über unserer zerbrochenen kaputten Welt? Genau – gleicher Effekt. Vielleicht nenne ich es einfach den „Wald-Effekt“.

Das Ende der Geschichte

Und die Moral von der Geschicht‘? Für mich auf alle Fälle die, dass ich der Finsternis dieser Welt nicht erlaube, mich zu überrollen. Ich lebe Matthäus 11, 28-30 tatsächlich jeden Tag neu. Ich nehme das, was um mich herum geschieht, wahr, ja. Und dann bringe ich all diese Lasten und die Schwere zu Jesus, damit er mich ent-lasten kann. Wenn ich merke, ich werde ruhelos, suche ich mir eine stille Ecke und setze mich zu Jesu Füßen, um von ihm zu lernen. Denn sein Joch ist sanft und seine Last ist leicht.

Alles, was dem entgegensteht und sich anders anfühlt, ist nicht von ihm und ich will es nicht haben! Immer wieder führe ich mir vor Augen, dass Jesus den Kampf gewonnen hat. Es ist meine Aufgabe, sein Reich in Existenz zu beten, wie im Himmel so auf Erden. Es ist mein Vorrecht, seinen Willen auszusprechen über diesem Planeten, damit er in Existenz kommt. Wie im Himmel, so auf Erden.

Jeden Abend, an dem ich müde auf den Tag zurückblicke, kann ich mich in die liebenden Arme meines himmlischen Vaters fallen lassen. Ich bin sicher an seiner Hand. Ebenso wie mein Mann und meine Kinder. Nichts kann uns jemals trennen von der Liebe des Vaters. Um das Morgen sorgen wir uns nicht, denn so steht es in Gottes Wort. Am meisten feiere ich eine meiner Lieblingsbibelstellen dieser Zeit, und mit dieser will ich für heute enden. Adieu! Behüt‘ Dich Gott!

„Jesus sagt: »Macht euch bereit! Ich komme schnell und unerwartet und werde jedem den verdienten Lohn geben. Ich bin der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ziel, das A und das O.«“

Offenbarung 22/12+13 (HFA)

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5 Kommentare

Miri 10. März 2021 - 17:47

DANKE dir meine Liebe für deine klaren Worte!!!

Reply
Constanze Bohg 10. Mai 2021 - 8:52

Immer gern, liebe Miri! Anders kann ich nicht 🙂

Reply
Nicole 9. Mai 2021 - 23:27

Danke! Du bringst es so gut auf den Punkt.
Menschenhandel, insbesondere Zwangsprostitution von Kindern und Frauen, kommen noch hinzu und dann haben wir alle Themen, die mich ebenfalls so oft und so sehr beschäftigen. Wenn ich stark bin, informiere ich mich und kann nicht glauben, in was für einer Welt wir eigentlich leben. An anderen Tagen ist mir die Kost zu hart…
Ja, das ist sie, unsere Welt, eine Zwischenstation, eine Zeit um dankbarer, demütiger und reifer zu werden und zu handeln, um bereit zu sein für die Ewigkeit.
Und dennoch können wir einen Unterschied machen und da wirken wo Gott uns hingestellt hat, Petitionen unterschreiben…
Aber ich stimme dir voll zu, wir bewegen uns in eine Richtung, die Fragen aufwirft und beängstigend ist.
Gott segne dich. Danke für deinen Blog.
Herzliche Grüße,
Nicole

Reply
Constanze Bohg 10. Mai 2021 - 8:52

Lieben Dank für Deine Zeilen, ich kann es sehr gut nachempfinden. Ich lese gerade ein spannendes Buch, bisher nur auf engl erschienen. „Have you been blinded“ von Samuel Whitefield. Darin geht es um unsere (oft nicht biblische) Wahrnehmung und Vorstellung von Gott – und dass wir unser Gottesbild schleunigst prüfen sollten mit der Bibel in der Hand – ich liebe zB die Beschreibung, die Elihu in Hiob 36 ff. gibt – und das lässt mich meine Ohnmacht in Gottes große Allmacht geben, Tag für Tag. Moment für Moment!
Einen lieben Gruß.

Reply
Esther 27. Januar 2023 - 21:51

Ich weiß nicht, welche Verbindung es war… Auf jeden Fall musste ich eben dran denken, dass ich vor einigen Jahren mal dein Buch gelesen habe… Und via Google kam ich auf deinen Namen und deinen Blog… Freude. Und noch mehr Freude darüber zu lesen, dass auch du die vielen Veränderungen der letzten Jahre kritisch siehst und einen geistlichen Blick darauf hast.
Werde gespannt mehr lesen.
LG

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