Heute geht es um Minimalismus. Ich mag es sehr gern klar und aufgeräumt, egal ob in mir drin oder in unserem Zuhause. Noch besser als das Wort “Minimalismus” finde ich die Definition, die Wikipedia hergibt. Da läuft das Thema unter der Kategorie “einfaches Leben”.
„Beim einfachen Leben wird darauf geachtet, das eigene Verhalten hinsichtlich Konsum, Besitz und Beziehungen auf Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit zu hinterfragen. Ein Übermaß an Besitz, welches beispielsweise lediglich für den sozialenStatus und Prestige angestrebt wird, wird als hinderlich und belastend betrachtet. (…) Es wird dabei zwischen Begehren und Notwendigkeit unterschieden. Der Lebensstil ist von der grundlegenden Haltung geprägt, weniger Dinge zu besitzen, um sich und die Umwelt mit deren Anschaffung (und Bezahlung), Pflege und Entsorgung nicht unnötig zu belasten.“
Besser könnte ich es nicht beschreiben. Minimalismus hat für mich in erster Linie nichts mit “ausmisten” zu tun, auch nicht mit “Marie Kondo”. Das mag vielleicht ein Teil davon sein, ist aber aus meiner Sicht nicht die Grundidee.
Brille aufsetzen
Für mich ist der Gedanke von Peter Rosegger sehr bedeutsam:
“Arm ist nicht, wer wenig hat, sondern wer viel braucht.”
Peter Rosegger
Ich nutze (unter anderem) diesen Satz als meine “Brille” oder “Filter”, durch den ich mein ganzes Leben anschaue. Egal, ob es um ein Paar neue Schuhe geht, ein großes Haus oder den vollgepackten Terminkalender.
Ich bin ein absoluter Gegner von “höher, schneller, weiter”. Eigentlich weiß auch jeder, dass dies auf Kosten unserer Ressourcen geht (Natur, Zeit, Geld, Gesundheit, etc. pp.). Dass ich mit dieser Einstellung wider den Mainstream lebe, ist mir bewusst aber auch egal. Ich stehe dazu. Die Bibel ruft uns dazu auf, mit dem zufrieden und vor allem dankbar zu sein, was wir haben.
„Es stimmt ja: Als Christ zu leben bringt großen Gewinn. Allerdings nur dann, wenn man mit dem zufrieden ist, was man hat. Denn wir sind ohne Besitz auf diese Welt gekommen, und genauso werden wir sie auch wieder verlassen. Wenn wir zu essen haben und uns kleiden können, sollen wir zufrieden sein.„
1.Timotheus 6/6-8 (HFA)
Äußere Ordnung für innere Ordnung
Oft bekomme ich folgendes Feedback von Menschen, die uns zu Hause besucht haben: “Bei Euch ist es so schön luftig und gemütlich.” “Bei Euch hat alles seinen Platz, ohne dass es streng oder verkrampft wirkt.” “Ich fühle mich bei Euch so wohl, die Atmosphäre tut mir gut. Es ist nicht so überladen.”
Mich freuen solche Rückmeldungen immer sehr, denn sie spiegeln genau das wider, wonach ich lebe. Ich habe irgendwann nach meinem Burnout gelernt, dass ich äußere Ordnung brauche, um innere Ordnung und Ruhe zu erreichen. Unordnung macht mich unruhig. Auch meine Kinder haben dieses Prinzip verinnerlicht. Sie lieben es inzwischen, wenn wir (mal gemeinsam, mal wir Eltern alleine), die Spielsachen und Bücher abends aufgeräumt haben. Dann ist alles an seinem Platz. Und der nächste Tag kann in Ruhe beginnen.
Oder wenn ich, um meiner Tochter eine Freude zu machen, ihr Zimmer aufgeräumt und alles sortiert habe. Sie kommt mir dann mit einem strahlenden Gesicht entgegen und sagt: “Danke so sehr, Mama! Jetzt kriege ich hier wieder viel besser Luft.” Genauso achten mein Mann und ich darauf, dass der Esstisch am Abend sauber und leer ist, bevor wir schlafen gehen.
So wie wir die Sonne nicht über unserem Zorn untergehen lassen sollen (Eph. 4/26), so soll auch der Esstisch vor Sonnenuntergang von Geschirr und Essensresten befreit worden sein.
Wähle weise!
Wir haben manchmal Gespräche zum Thema “ich wünsche mir Bagger/Stifte/Buch/Kleid/xyz” und dann besprechen wir auch gemeinsam, warum die Kinder sich etwas wünschen. Sie wissen, nicht jeder Wunsch wird erfüllt. Aber jeder Wunsch darf geäußert werden und wird wahrgenommen. Es ist ihnen bewusst, dass wir mit einem (statt zwei) Einkommen ein begrenztes Budget haben.
Kurzes Beispiel: Letztes Jahr wollten sie nach der Rückkehr vom Toskana-Urlaub gleich noch mal zwei Wochen verreisen, und zwar zurück in die Toskana. Beide waren richtig wütend und aufgebracht, als ich verneinte. In einer für alle Beteiligten ruhigen Minute habe ich mich mit den beiden (4 und 7 Jahre) hingesetzt und ihnen folgendes erklärt.
Urlaub und Verreisen kosten Geld. Viel Geld. Wenn wir bspw. einmal mehr Urlaub im Jahr machen wollen als bisher, braucht es zwei Gehälter. Also müssten beide Kinder in Kauf nehmen, um einiges länger fremdbetreut zu werden als jetzt. Ich habe jedem Kind altersgerecht dargelegt, dass ich zurzeit nicht (für Geld) arbeite, sondern zusammen mit ihrem Papa beschlossen habe, zu Hause zu sein. Und dass nur deshalb die Tochter direkt nach dem Unterricht mittags um zwölf heim kommen kann. Dass nur deshalb der Sohn mittags um eins vom Waldkindergarten heim kommen kann.
Beide dachten eine Weile nach, jeder für sich. Dann sagten beide auf ihre Art und Weise, dass es ihnen viel wichtiger ist, ab mittags und in den Ferien zu Hause sein zu dürfen als noch ein weiteres Mal im Jahr irgendwo Urlaub zu machen. Selbstredend, dass ich mit Tränen in den Augen da saß. Ich war sehr berührt von dieser kindlichen Weitsicht.
Vom Geben und Nehmen
Anderes Beispiel: Kleidung. Wir leben in unserer Familie ein Grundprinzip: Wenn zum Beispiel ein neues Paar Schuhe oder Hosen gekauft wird, verabschieden wir ein anderes Paar. Plattformen hierfür gibt es genug, ebay, Ebay Kleinanzeigen, Kleiderkreisel, usw.
Regelmäßig (alle drei bis vier Monate) sortiere ich alle Kleiderschränke und Regalinhalte (da kommt zum Beispiel Marie Kondo ins Spiel). Wir spenden sehr viel an andere Familien in unserem Umfeld und für Hilfstransporte. Auch da erkläre ich den Kindern, warum wir das tun.
Grad heute kam es meiner Tochter ein, selbst ihren Kleiderschrank auszumisten und sie brachte mir einen Stapel Klamotten, den ich nun weitergeben kann. Sie weiß, dass sich ein anderes Mädchen freut, das Sommerkleid und den Jumpsuit geschenkt zu bekommen. Geben macht glücklicher als nehmen (Apg. 20,35).
Mein Mann und ich haben einen running gag seit vielen Jahren. Wenn zum Beispiel mein Mann etwas findet, wofür er keine Verwendung sieht, stellt er die Frage: “Ist das Kunst oder kann das weg?” Somit haben die Kinder oder ich die Möglichkeit, die Sinnhaftigkeit eines Gegenstandes zu erklären. Oder eben: Weg damit. Verkaufen/verschenken/in den Müll. Viele weitere Beispiele und Listen findest Du auf dem wirklich gut gemachten Blog von Christof Herrmann.
Keks oder Schokolade
Wo es mir am meisten auffällt, dass wir frei nach dem Kinderlied “Sei ein lebend’ger Fisch” gegen den Strom schwimmen, ist das Thema “Werte, Grundsätze, Anschauungen”. Mir fällt es schwer, das in ein Wort zu packen. Es geht mir ums Thema “wie andere das machen versus wie wir das machen” (lies dazu mehr hier).
Entweder ich gehe meinen eigenen Weg oder laufe mit der Masse mit. Ich kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen, kann nicht zwei Herren dienen. Mein Schweizer Arbeitskollege pflegte immer zu sagen: “Keks oder Schokolade? Beides geht nicht, Constanze.”
Realitätscheck
Das heißt für mich zum Beispiel im Alltag, dass ich nicht jede freie Minute voll packen und bei jedem angesagten Event mitmachen kann, wenn ich auch Zeit haben will zum auftanken, schreiben und lesen. Das “einfache Leben” bedeutet an dieser Stelle “nein” sagen zu lernen. Nein zu Terminen, nein zu Veranstaltungen und Verpflichtungen. Jedes Ja erfordert anderswo ein Nein (hier kannst Du mehr dazu lesen). Will heißen, so wie ich den Kleiderschrank “luftig” halte, so halte ich auch meinen Kalender “luftig”. Im Idealzustand.
Unter uns: Letzte Woche war die allerste Woche seit Mitte März, dass ich morgens beide Kinder gleichzeitig in Kindergarten und Schule hatte. Fünf Vormittage (9.30 Uhr bis 12.00 Uhr) für mich. Das Ende vom Lied? Ich habe jeden einzelnen dieser Vormittage verplant. Es waren allesamt tolle Dinge, die ich da gemacht habe. Aber keinen einzigen Morgen hatte ich Ruhe daheim für mich eingeplant. Obwohl ich doch weiß, dass ich introvertiert bin und mein Wohlbefinden davon abhängt, Kraft zu tanken in der Stille. Am Samstag war ich platt. Komplett ausgelaugt von der Woche. Nur weil ich etwas weiß oder darüber blogge, heißt nicht, dass ich es auch schon gut lebe und umsetze. Was tun? Druck raus und kommende Woche nochmal von vorn.
Muss nicht, kann aber.
Zum Abschluss möchte ich ein paar der Tipps auflisten, mit denen ich durch den Alltag gehe. Die Liste ist weder alphabetisch noch chronologisch noch sonst irgendwie sortiert. Es sind einfach Dinge und Handlungen, anhand derer wir als vierköpfige Familie einfacher und bewusster leben. Ich freu mich wie immer, von Dir zu hören. Lebe einfach!
Aus dem Nähkästchen geplaudert:
- Nimm Dir einen Raum zu Hause vor, den Du “luftig” machst. Große Kiste in die Mitte des Raumes gestellt, und dann alles hinein, was “weg” kann.
- Schau Deinen Email-Eingang an – wie viele Newsletter hast Du abonniert und wie viele davon liest Du auch tatsächlich? Alle anderen: Abbestellen.
- Stell Dich vor Dein Schuhregal: Alle Schuhe, die Du in den letzten 12 Monaten nicht getragen hast: Verschenken oder verkaufen.
- Hast Du demnächst Geburtstag? Statt (im schlimmsten Fall) Staubfänger geschenkt zu bekommen, sage Deinen Gästen bescheid, dass Du “Spende statt Geschenk” machst. Und dann kannst Du zum Beispiel den Betrag an compassion oder Team F spenden. Für einen guten Zweck.
- Bücher, CDs, DVDs, Spiele — bevor sie im Regal verstauben, kannst Du sie bei momox verkaufen. Funktioniert kinderleicht. Oder in die nächstgelegene Bücherbox legen.
- Gewürzregal: Der Klassiker. Jedes Gewürz prüfen auf Haltbarkeitsdatum und Zustand. Im Zweifel weg damit.
- Müll im Auto: Wer aus dem Auto steigt, nimmt seinen Müll mit. Fertig.
- Schreib vor dem Einkaufen eine genaue Liste mit den Dingen, die Du brauchst. Und nur das kaufst Du dann auch. Ignoriere die “Sonderangebot” und “Sale” Schilder konsequent.
- Handy, Schlüssel, Portemonnaie: Haben sie einen festen Platz oder suchst Du sie regelmäßig?
- Arzneischrank: Das gleiche wie bei den Gewürzen: Konsequent ausmisten. Abgelaufene Medikamente ab in den Restmüll oder zum Wertstoffhof.
- Kalender: Nimm Dir etwas Zeit und schau, ob jeder Termin, jede Verabredung wirklich wichtig ist. Wenn nicht – sag ab. Und blocke Dir kommende Woche mindestens eine Stunde mit “Meine Zeit”. In dieser Stunde machst Du dann etwas schönes. Stichwort: Selbstfürsorge