Es gab noch nie eine Zeit in meinem Leben, in der ich die Führung Gottes mehr brauchte als in diesen wirren Tagen. Wie steht es mit dir? Warst du in den letzten zwei Jahren täglich total entspannt und jederzeit am Lächeln? Na dann – herzlichen Glückwunsch! Und bitte schreib doch dein Rezept dafür in die Kommentare. Für alle anderen geschätzten Leser, die sich an dem einen oder anderen Tag gestresst, verwirrt oder schlichtweg überfordert fühlen – ich auch! Und es sollte nicht überraschen, dass die Bibel das einzige Buch ist, in dem echte Orientierung zu finden ist. Schauen wir uns das mal an.
glaube
Geliebter Sohn,
ich vermisse dich so sehr!
Ich habe dich in den letzten zehn Jahren jeden einzelnen Tag vermisst. Jeden. Einzelnen. Tag.
Du fehlst mir seit 3.654 Tagen.
Während deine kleine Schwester und dein kleiner Bruder friedlich nebenan schlafen, sitze ich hier und weine mir die Augen aus. Denn da ist dieses riesige Loch in meinem Mutterherz. Und das wird auch bleiben bis zu dem Tag, an dem ich sterbe und dich endlich wiedersehe.
Eines der größten Geschenke, das du deinem Papa, mir und deinen Geschwistern gemacht hast, ist unsere krasse Sehnsucht nach der Ewigkeit. Wir alle vier leben unser Leben hier auf der Erde in dem Wissen, dass wir dich wiedersehen werden. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein trauernder Elternteil ohne diese hoffnungsvolle Perspektive leben kann. Es fühlt sich an wie ein dünner, silbern schimmernder Schleier, der uns von dir, geliebter Julius Felix, noch trennt.
Grad schaue ich mir zum hunderttausendsten Mal die Fotos an, die wir nach deiner Geburt gemacht haben. Ich sehe so viel von deiner Schwester und deinem Bruder in deinem wunderschönen, perfekten Gesicht. Ich frage mich, wie du heute aussiehst. Aus irgendeinem Grund bin ich mir ziemlich sicher, dass deine Haare genauso lang sind wie die deines kleinen Bruders.
Wir werden heute wieder unsere Luftballons in den Himmel steigen lassen. Gepaart mit Tränen und dieser tiefen Sehnsucht danach, dich zu sehen, dich zu halten, dich ganz fest zu umarmen. Bald, mein Schatz, bald. Du weißt, dass deine Mama und dein Papa und deine Schwester und dein Bruder dich über alles lieben. Und du weißt, dass für uns das Leben Christus ist und das Sterben ein Gewinn. Wir werden unserem Jesus auf dieser Erde mit ungeteiltem Herzen dienen, bis Er uns nach Hause ruft.
Mögen wir unser Leben immer, immer im Licht der Ewigkeit leben. Möge dies die Perspektive sein, die unser ganzes Denken, Reden und Handeln bestimmt.
Julius Felix, ich liebe dich für immer. Alles Gute zum Geburtstag, mein erstgeborener Sohn.
In Liebe, deine Mama.
Ich schreibe diesen Text mit einer Mischung aus Wut, Fassungslosigkeit und Frieden zugleich. Ich kann nur für die Geschehnisse in Deutschland sprechen, genauer gesagt für das Land Baden-Württemberg. Die Entwicklungen der letzten Zeit haben mich zu dem heutigen Titel veranlasst. Um es in einem Wort zusammenzufassen: Das aktuelle Thema ist und bleibt meiner Meinung nach die Unsicherheit. Auf allen Ebenen. Wir werden nicht in unser altes Leben zurückkehren können, da bin ich mir ziemlich sicher. Was bleibt also? Auf welchem Fundament ist mein „Lebenshaus“ gebaut?
Wenn du mein Leben ein gutes Jahr zurückspulst, siehst du eine Frau, die total glücklich ist, 40 zu sein. Eine Frau, die gespannt ist auf alles, was diese neue Dekade für sie bereit hält.
Stand heute kannst du mich anschauen und mir einfach noch ein Taschentuch in die Hand drücken, damit ich mir die Nase putzen und die Tränen wegwischen kann. Nicht falsch verstehen, ich bin immer noch total glücklich, auch mit 41. Aber es hat sich etwas grundlegend geändert. Und das sind nicht nur die verheulten Augen.
Schön ist das ganz sicher nicht, ich weiß! Aber auch dieses Leben, was um uns herum passiert, ist nicht immer schön. Eine Warnung an dieser Stelle: Im heutigen Text geht es auch um Themen, die auf den ein oder anderen Leser verstörend wirken können. Aber für mich ist die Zeit vorbei, in der ich diese Dinge für mich behalten habe. Ich musste es zu Papier bringen. Musste diesen Text hochladen. Einige dieser Fakten, nein, die meisten dieser Fakten, liest oder hört man nicht in den staatstragenden Massenmedien. Das meiste dessen, was du darüber liest, wird weichgespült mit Worten wie „tolerant“, „liberal“ oder „weltoffen“.
Nun fragst du dich vielleicht immer noch – warum der Rotz und die Tränen? Nun, zum einen trauere ich um mein Leben „vor 2020“. Und ich mache nicht einen kleinen Virus für das verantwortlich, was seitdem alles geschehen ist. Das ist ein Teil der Erklärung, ok. Aber der weitaus größere Teil der Erklärung hängt damit zusammen, dass ich meine rosarote Brille nicht mehr trage.
Wegschauen gilt nicht.
Bis vor gut einem Jahr kam mein Mann des öfteren zu mir und sagte: „Liebling, nur weil du dich weigerst hinzuschauen, was in Politik und Gesellschaft vor sich geht, heißt noch lange nicht, dass es nicht da ist.“ Ich hab dann immer nur mit den Schultern gezuckt und den Satz stehen lassen. Ich sah keine Notwendigkeit, mich durch Blogs und Podcasts zu graben, um all diese Dinge aufzunehmen.
Tja, und dann wurden wir allesamt innert weniger Tage in den Lockdown geschickt. Weltweit ziemlich viele Nationen, bei weitem nicht alle. Anfangs war ich noch fleißig mit dabei in den sozialen Medien, gemeinsam mit der großen Menge #wellenbrecher und #wirbleibenzuhause. Aber die Wochen gingen ins Land und wurden Monate und mein Mann und ich sprachen seit einer Weile. Beziehungsweise lauschte ich und er erzählte. Ich hatte sehr viel Nachholbedarf. Ich begriff mehr und mehr die Zusammenhänge und „Trends“, die gefühlt auf mich zurollten. Und ich rede hier nicht von Verschwörungstheorien.
Da ich endlich einsah, dass ich nicht länger wegschauen konnte, begann ich mich genauer zu informieren. Ich registrierte mich auf Plattformen für online Petitionen (zum Beispiel hier). Auch gut recherchierte Blogs (siehe hier und hier) und Websites (zum Beispiel diese) sowie den indubio Podcast nutze ich seitdem, um informiert zu bleiben. Es fühlt sich auch heute noch so an, als würde ich immer wieder die rosarote Brille runter nehmen. Meine Augen tun oft weh. Mein Herz auch.
Kriegsgebiet
Für mich war 2020 das Jahr, in dem ich begann, hinzuschauen statt mich wegzudrehen. Ich stellte mich mehr und mehr in die Verantwortung für das, wofür ich auf diesem Planeten bin. Zuallererst, Zeit mit Jesus zu verbringen, meinem Retter. Und dann, aus dieser Herzensverbindung heraus in die Welt zu gehen. Und mit jedem Schritt Licht in die Finsternis dieser Welt zu tragen durch Gebet und mit der Wahrheit in Liebe.
Wie einige vielleicht wissen, leite ich das Fürbitteteam in unserem kleinen feinen Lobhaus. Bisher habe ich in den Gebetszeiten Gott einfach gebeten, mir ein Anliegen aufs Herz zu geben. Und das mache ich natürlich auch weiterhin so. Aber die Themen waren oft eher allgemeiner Art, nicht sehr spezifisch. Seitdem ich dem „Monster unserer Zeit“ ins Gesicht schaue, bete ich viel zielgerichteter und kämpferischer. Mir ist so viel mehr bewusst, dass ich mitten im Kriegsgebiet lebe. Nie gegen Menschen aus Fleisch und Blut gerichtet. Immer gegen die Mächte und Gewalten in der unsichtbaren Welt. Hui, das klingt übel, oder? Soll es auch! Selbst mein fünfjähriger Sohn ist sich dieser Realität bewusst. „Mama, es gibt die böse Macht, den Teufel. Und es gibt die guten Mächte – Jesus und Gott und der Heilige Geist – und die gewinnen immer am Ende!“ Oh geliebter Sohn, ich liebe deine Weisheit und Einsicht. So ist es!
Um gewinnen zu können, braucht es vorher einen Kampf. Und da stecken wir mittendrin, ob wir es sehen wollen oder nicht. Im Austausch mit vielen anderen Gebetskämpfern weltweit habe ich in den letzten Monaten immer wieder den Eindruck gewonnen, der Feind weiß verdammt genau, dass seine Zeit dem Ende zugeht. Der Spruch „da ist die Hölle los“ gewinnt eine ganz andere Bedeutung.
Im Ernst?
Denn, mal ehrlich, wie kann es denn bitte sein, dass das Bündnis der Ehe, das von Gott zwischen Mann und Frau gesetzt ist, heute auf „jede(r) mit jede(m)“ gemünzt und legalisiert wird? Wie kann es sein, dass eine Partei in Deutschland eine Gesetzesvorlage (Zitat: „gebärfähige Körper, in der überwiegenden Mehrzahl Frauenkörper) einreichen darf, in der gefordert wird, dass Abtreibung bis zum 9. (!) Monat straffrei bleiben soll?! Das ist nicht nur krankhaft, das ist Mord. Und dennoch geschieht es schon heute überall auf der Welt, legal. In was für einer pervertierten Welt leben wir?
Wie kann ein Mann, den Gott als solchen geschaffen hat, sich als Frau fühlen und dann fordern, in einem Frauenhaus (das vergewaltigten und schwer traumatisierten Frauen zum Schutz dienen soll), zum übernachten eingelassen zu werden? Die Leiterin des Frauenhauses (Anchorage, Alaska) wird nun von der Stadt verklagt, da sie sich diskriminierend verhalten habe (hier die ganze Geschichte). Wie kommt es, dass in der evangelischen Landeskirche (Beispiel Alt-Pankow) ernsthaft diskutiert und behauptet wird, es könne nicht sein, dass die Dreieinigkeit nur männlich belegt sei! Denn, wer weiß, „vermutlich hatte er also männliche Geschlechtsmerkmale und wurde zu einem Mann erzogen. Öffentlich reflektiert habe er seine Männlichkeit jedoch nicht.“ (der ganze Artikel inkl. Zitat ist hier nachzulesen).
Wie kommt es, dass die EU mit deinen und meinen Steuergeldern Kinderbücher finanziert, die Kindern ab drei Jahren zum Thema „Geschlechtsidentität“ den Horizont erweitern sollen? Mit der Fördersumme von 400.000 Euro wird unter anderen ein Buch über ein schwules Känguru-Pärchen gesponsert. In unserem kleinen Dorf, idyllisch inmitten von Weinbergen und Schwaben gelegen, wurde letzte Woche in der dritten Klasse der Lesetext der Woche verteilt. Dieser handelt von schwulen Pinguinen, die im Zoo gemobbt werden und in einen Hungerstreik treten. Ich habe unserer Rektorin eine Email geschrieben mit der Bitte um Stellungnahme.
Ich höre an dieser Stelle mit den Beispielen auf. Es sind keine Einzelfälle. Es ist Teil unseres Alltags in Deutschland, Österreich, der Schweiz, UK, USA, etc. etc. Und auch wenn ich mich ein Nachfolger Christi genannt habe, so habe ich bis letztes Jahr konsequent weggeschaut bei solchen Themen. Das ist nun vorbei.
Herr, wie lange?
Ich muss bis heute sehr weise damit umgehen, wieviel ich von diesen Informationen „konsumiere“. Ich kann nicht den ganzen Tag lang über all die Ungerechtigkeiten und Verdrehungen lesen. Aber ich konfrontiere mich damit und schweige nicht mehr dazu. Meinem lieben Ehemann danke ich sehr, dass er so geduldig immer wieder dieses Thema angesprochen und nicht locker gelassen hat.
Als das Jahr 2020 sich dem Ende neigte, war mir in einer Gebetszeit (wieder) zum Heulen zumute und ich hörte mich wie Habakuk an:
HERR, wie lange soll ich schreien, und du willst nicht hören? Wie lange soll ich zu dir rufen: »Frevel!«, und du willst nicht helfen? Warum lässt du mich Bosheit sehen und siehst dem Jammer zu? Raub und Frevel sind vor mir; es geht Gewalt vor Recht. Darum ist das Gesetz ohnmächtig, und die rechte Sache kann nie gewinnen; denn der Gottlose übervorteilt den Gerechten; darum ergehen verkehrte Urteile.
Habakuk 1/2-4 (Luther)
Gottes Antwort auf mein Rufen kam in zwei Teilen. Der erste Teil gleich im November in besagter Gebetszeit:
„Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.“
1 Petrus 5/8 (Luther)
Nüchtern und wachsam – das kriegte ich hin. Aber was war mit meiner Wut und Fassungslosigkeit ob der Gräuel und Verdrehungen, die passieren? Was sollte ich mit all meinen Fragen und meiner Ohnmacht tun angesichts soviel besorgniserregender und beunruhigender Entwicklungen?
Gottes Antwort zu diesem Thema war sehr klar und unmissverständlich. Sie kam neulich, Ende Februar, als ich wieder im Wald unterwegs war. Ich kämpfte gerade gegen eine ziemlich starke Dosis Verzweiflung und einen Hauch Hoffnungslosigkeit.
Erwache, meine liebe Seele!
„Denn wir kennen ja den, der sagt: »Die Rache ist mein; ich will vergelten!, spricht der Herr«, und weiter: »Der Herr wird sein Volk richten«.“
Hebräer 10/30 (Schlachter)
Darüber musste ich nicht lange nachdenken – sehr knackig und einleuchtend, diese Antwort. Ich räusperte mich und sagte: „Ok, Gott, verstanden. Aber was mache ich nun, wenn ich nicht richten und mich aufregen soll?“
„Bete mich an!“
Mir kam ein Lied in den Sinn, das ich seit letztem Jahr fast täglich singe. Awake my soul. Erwache, meine Seele! Ich stöpselte meine Kopfhörer in die Ohren und ließ das Lied laufen. Kurzer Blick nach rechts und links, kein Förster oder Jogger in Sicht. Ich hüpfte und sprang, ich sang und rief es in den Wald. Mir liefen die Tränen (wieder mal) vor Erleichterung, während ich mir die angesammelte Anspannung aus der Seele trällerte.
Denn weisst du was? Unser Jesus, der König aller Könige kommt bald zurück! Und ihn macht nichts glücklicher als seine Jünger, die ihn anbeten. Die sich unter die mächtige Hand Gottes demütigen und für ihr Land in den Riss treten. Er wird rechtmäßig gepriesen, dann weicht die Finsternis. Er allein ist es würdig, angebetet zu werden.
Der „Wald-Effekt“
Als ich von meinem „Waldgottesdienst“ zurück nach Hause kam, fühlte ich mich unendlich erleichtert. Seitdem versuche ich, einen gesunden Mix aus „viel Bibel“ und „ein kleines bißchen Weltgeschehen“ zu konsumieren. Und selbst dann habe ich immer wieder Zeiten, in denen die Schwere scheinbar überhand nimmt. Dann bin ich dankbar für Zeiten im Lobhaus, so wie letztes Wochenende, als wir 48 Stunden durchgebetet haben. Nach meiner zweistündigen Schicht ging es mir so wie nach dem Waldspaziergang – alle Lasten wieder bei Jesus abgegeben und mich ihm anvertraut. Ihn wieder mein Joch gerade rücken und meinen Fokus justieren lassen.
Und als ich gestern vormittag meinen Mann bat, mit mir zu beten, während ich mir die Seele aus dem Leib schluchzte über unserer zerbrochenen kaputten Welt? Genau – gleicher Effekt. Vielleicht nenne ich es einfach den „Wald-Effekt“.
Das Ende der Geschichte
Und die Moral von der Geschicht‘? Für mich auf alle Fälle die, dass ich der Finsternis dieser Welt nicht erlaube, mich zu überrollen. Ich lebe Matthäus 11, 28-30 tatsächlich jeden Tag neu. Ich nehme das, was um mich herum geschieht, wahr, ja. Und dann bringe ich all diese Lasten und die Schwere zu Jesus, damit er mich ent-lasten kann. Wenn ich merke, ich werde ruhelos, suche ich mir eine stille Ecke und setze mich zu Jesu Füßen, um von ihm zu lernen. Denn sein Joch ist sanft und seine Last ist leicht.
Alles, was dem entgegensteht und sich anders anfühlt, ist nicht von ihm und ich will es nicht haben! Immer wieder führe ich mir vor Augen, dass Jesus den Kampf gewonnen hat. Es ist meine Aufgabe, sein Reich in Existenz zu beten, wie im Himmel so auf Erden. Es ist mein Vorrecht, seinen Willen auszusprechen über diesem Planeten, damit er in Existenz kommt. Wie im Himmel, so auf Erden.
Jeden Abend, an dem ich müde auf den Tag zurückblicke, kann ich mich in die liebenden Arme meines himmlischen Vaters fallen lassen. Ich bin sicher an seiner Hand. Ebenso wie mein Mann und meine Kinder. Nichts kann uns jemals trennen von der Liebe des Vaters. Um das Morgen sorgen wir uns nicht, denn so steht es in Gottes Wort. Am meisten feiere ich eine meiner Lieblingsbibelstellen dieser Zeit, und mit dieser will ich für heute enden. Adieu! Behüt‘ Dich Gott!
„Jesus sagt: »Macht euch bereit! Ich komme schnell und unerwartet und werde jedem den verdienten Lohn geben. Ich bin der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ziel, das A und das O.«“
Offenbarung 22/12+13 (HFA)
Woche um Woche ist vergangen und ich habe so viele Gedanken, die ich zu Papier bringen will. Da ich aber zusätzlich zum bestehenden bunten Alltag nun auch wieder Grundschullehrerin und zeitgleich Erzieherin mimen muss, bleibt vieles auf der Strecke. Sehr vieles. Ich laufe zum Beispiel derzeit oft abends im Stockdunkeln alleine meine Runde übers Feld, zumindest unter der Woche. Manchmal auch mit ziemlich viel Wut im Bauch darüber, dass ich ja etwas „illegales“ tue. Erst um 20:18 Uhr meine Runde beendet – kriminell! Sperrstunde beginnt doch um 20 Uhr. Dann komme ich mir kurz mal vor wie ein unmündiges bockiges Kind, das jeden Abend eingesperrt gehört. Puh!
Jeden Tag aufs Neue
Mein Mann und ich hatten uns letztes Jahr immer wieder gesagt, wir lassen zwei Themen draußen vor der Tür. Trump und Corona. Das hat unserem Hausfrieden tatsächlich gut getan. Wir als Paar waren halbwegs einer Meinung aber im Freundes- und Bekanntenkreis differieren die Meinungen – und das dürfen sie doch auch! Trotzdem sind wir noch befreundet und bekannt miteinander. Nur den sensiblen Kinderohren wollten wir eben so manch illustre hitzige Diskussion ersparen. Was auch gut so war.
Nun sind wir ins Jahr 2021 gestartet und es fühlt sich an wie “Und täglich grüßt das Murmeltier”. Noch immer hat der Sohn (fast fünf) kein eigenes Zimmer beziehen können, weil es als Selbstverständlichkeit erwartet wird, dass man home office macht auf unbestimmte Zeit. Pech gehabt, Kind! Bis auf weiteres wirst du auch kein eigenes Zimmer haben dürfen, weil wir weder in eine größere Wohnung ziehen noch den Papa ins eigentliche Büro nach Stuttgart schicken können.
Und so könnte ich hier noch sehr vieles aufzählen, was mich umtreibt, mich wütend macht, mir die Fragezeichen auf die Stirn zerrt. Dann wäre mein Text aber nicht aufbauend und ermutigend. Also muss ich – wie derzeit jeden Tag – die Kehrtwende schaffen von Wut zu Frieden. Von Fassungslosigkeit zu Hoffnung.
Authentisch meckern
Ich sehe es als meine Aufgabe an, meinen Kindern ein gutes Vorbild zu sein. Sei es zum Thema Echtsein, Selbstwirksamkeit oder Überzeugungen. Sie kennen mich fröhlich, traurig, wütend. Still, laut, aufgewühlt, friedlich. Wir sind den Großteil des Tages im Gespräch miteinander über alles, was uns als Individuen und als Familie beschäftigt. Ich erkläre ihnen zum Beispiel, wenn ich so wütend über etwas bin, dass ich draußen Holz hacken gehen muss.
In letzter Zeit habe ich mich aber wieder und wieder dabei ertappt, dass ich ihnen eben nicht erklären wollte, warum ich grantig oder aufgebracht in der Küche rumgescheppert habe. Als mir dann letzte Woche ein böser Spruch (den ich hier nicht wiedergeben werde) entfleucht ist, schauten mich zwei Paar Kinderaugen fragend an. Ich murmelte ein “Entschuldigung” und wusste: Ich muss dringend raus aufs Feld, durch Matsch und Schnee stapfen und mir von meinem himmlischen Vater Perspektive schenken lassen.
Am Freitag bin ich dann mittags – anstelle meines Mannes, der inzwischen seine Mittagspause mit Kinder hüten verbrachte – eine flotte Stunde durch Wald und Flur gelaufen. Aus mir purzelten die Sätze nur so heraus, halb Hohelied, halb Klagelied. Authentisch meckern nenne ich das.
Danach ging es mir zumindest ein bisschen besser. Warum? Mir war ein Bild von Beni Johnson aus dem Buch “Der glückliche Fürbitter” wieder in den Sinn gekommen. Ich will es kurz mit meinen Worten wiedergeben.
Sing mit mir!
Beni geht spazieren und schüttet Jesus beim Beten ihr Herz aus. Sie hat gerade von einer Frau Dinge erfahren bezüglich des Okkulten in ihrer Stadt. Während sie so läuft und betet, sieht sie, wie Jesus neben ihr her geht, Schulter an Schulter. Wie beste Freunde. Ihr fällt auf, dass Jesus eine Hand hinterm Rücken hält und fragt ihn, was er in seiner Hand hält. Er zeigt es Beni: In Jesu Hand liegt die Weltkugel. So klein! “Ich hab alles im Griff”, ist die Botschaft, die er vermittelt. Es ist mehr als ein Kinderlied: Gott hält die ganze Welt in seiner Hand.
Auch in mir rückte diese Illustration vieles wieder gerade und deshalb kam ich mit Frieden im Herzen daheim an.
Ohnmacht!
An der Situation um mich herum hatte es aber rein gar nichts geändert. Am Abend telefonierte ich mit meinem Mentor aus den USA. Wir sprachen noch nicht lange, da unterbrach er mich mitten im Satz mit den Worten: “Wie – ihr könnt nicht ins Restaurant oder einen Buchladen gehen? Was meinst du mit „Es gibt offiziell nur noch eine erlaubte Meinung?”
Ich musste ihm erstmal erklären, was in Deutschland seit Monaten vermeintlicher “Ausnahme-Alltag” ist, und er stellte mir die gleichen Fragen, die ich mir stelle und nicht mit logischen Attributen beantworten kann. Dann platzte der Knoten im Kopf. Ohnmacht. Das ist es, was ich trotz Frieden im Herzen spüre, tagein tagaus. Was mich unterschwellig immer wieder wütend macht. Dieses Gefühl der Hilflosigkeit angesichts von Unverhältnismäßigkeit und Ungerechtigkeit.
Also tags darauf wieder eine Runde laufen, dieses Mal mit einer meiner Betfreundinnen. Kilometer um Kilometer reden, fragen, diskutieren, zweifeln. Und wenn das Herz ausgeschüttet ist, gemeinsam ins Gebet gehen. Schönster Moment des Spaziergangs. Dieses Wissen, Jesus ist mit uns den Weg gegangen, er kennt uns, er sieht uns, er liebt uns.
Gebet
Auf den letzten Metern des schlammigen Feldwegs betete ich diese Worte, und mit denen beende ich jetzt auch den Text. Sie haben mir nicht nur Frieden geschenkt für den heutigen Tag, sondern was viel wichtiger ist: mir meine Perspektive wieder gerade gerückt. Das wünsche ich auch Dir von Herzen. Bete doch gern diese Zeilen mit mir, heute und in jedem Moment, in dem es wieder nötig wird:
“Jesus, ich danke Dir, dass Du der König aller Könige bist. Ich danke Dir, dass Du bald wiederkommst. Bitte gib mir ganz neu genau diese Perspektive: Zu wissen, dass all das, was ich erlebe und sehe, nur die Vorwehen sind für das, was Du in Deinem Wort beschrieben hast. Jesus, lass mich wachsam und ganz nah an deinem Herzen bleiben in dieser wirren Zeit. Gib mir geöffnete Herzensaugen zu sehen, was Du siehst.
Vater, danke für dein Versprechen, über Deinem Wort zu wachen, dass es genau das ausführt, wozu es gesandt ist. Danke für Dein Versprechen, dass Dein Wort nicht leer zurück kommt. Vater, Du allein bist allwissend. Du allein bist allgegenwärtig. Du allein bist allmächtig. Ich bringe Dir meine Ohnmacht und lege sie ab in Deiner All-Macht. Ich will Dir vertrauen wie meine Kinder mir vertrauen, aus ganzem Herzen. Wissend, dass nichts auf dieser Welt für Dich überraschend ist. Wissend, dass Dir kein Fehler unterläuft und Du mein souveräner Gott bist, der mich in seiner Hand hält.
Heiliger Geist, bitte sei du mein beständiger Berater und Tröster, so wie Gottes Wort es sagt. Erinnere mich immer zur rechten Zeit an alles, was Jesus gesagt hat (Johannes 14/26). Ich brauche jeden Tag neu deinen Zuspruch, deine Erkenntnis. Danke, dass Du in mir wohnst.
Amen.
Bisher hatte ich mich innerlich dagegen gesträubt, einen „Corona“ Blogtext zu schreiben. Nachdem ich jetzt eine geschlagene halbe Stunde vor einem leeren (digitalen) Blatt Papier saß, habe ich diesen Vorsatz über den Haufen geworfen. Natürlich hätte ich noch viele andere Themen auf meinem Zettel, über die ich sehr gern schreiben will. Aber keines davon hat sich passend angefühlt.
Die Überschrift zum heutigen Text trage ich nun seit fast einem Monat mit mir herum. Ich hab viele Male Anlauf genommen zu schreiben, aber der Januar war so lebendig und voller genialer Erlebnisse, dass ich erst jetzt dazu komme. Nun tippe ich umso schneller, damit die Worte zumindest noch im ersten Monat des neuen Jahres zu Papier kommen. Das, worüber ich heute schreibe, hat mir so unglaublich doll geholfen in den letzten Jahren. Es geht heute um Vision, Perspektive und das dazugehörige Werkzeug. Neugierig? Los geht’s!
Vor gefühlt langer Zeit, damals, im Dezember 2010, stand ich an einem Wendepunkt in meinem Leben. Besser gesagt, mein Mann und ich standen an diesem Wendepunkt. Hinter uns lagen so viele Entscheidungen. Schwierige Entscheidungen. Und tiefgreifend noch dazu.
Letzte Woche fuhren wir über die Weihnachtsfeiertage zu meinen Eltern. Die Kinder spielten das nie enden wollende “Sind wir schon da?” Fragespiel mit uns. Während die graue neblige Dezemberlandschaft an uns vorbeizog, ergriff ich die Hand meines Mannes. “Erinnerst du dich an den Dezember von 2010? Wir saßen damals zwischen Umzugskartons und packten unser amerikanisches Leben ein.”
Mein Mann nickte. Es war viel mehr als nur ein weiterer internationaler Umzug. Für uns war es der Beginn eines neuen Lebens.
Gott lenkt unsere Schritte. Ich bete jeden Tag, dass er das für mich tut. Ich will für ihn Hände und Füße sein und seine Liebe in die Welt tragen. Vor kurzem bin ich 40 geworden. Zuallererst: 40 rockt! Ich liebe es, auch wenn ich mir das nie hätte erträumen können.