Vor gefühlt langer Zeit, damals, im Dezember 2010, stand ich an einem Wendepunkt in meinem Leben. Besser gesagt, mein Mann und ich standen an diesem Wendepunkt. Hinter uns lagen so viele Entscheidungen. Schwierige Entscheidungen. Und tiefgreifend noch dazu.
Letzte Woche fuhren wir über die Weihnachtsfeiertage zu meinen Eltern. Die Kinder spielten das nie enden wollende “Sind wir schon da?” Fragespiel mit uns. Während die graue neblige Dezemberlandschaft an uns vorbeizog, ergriff ich die Hand meines Mannes. “Erinnerst du dich an den Dezember von 2010? Wir saßen damals zwischen Umzugskartons und packten unser amerikanisches Leben ein.”
Mein Mann nickte. Es war viel mehr als nur ein weiterer internationaler Umzug. Für uns war es der Beginn eines neuen Lebens.
Rückblick
Ich lächelte ihn an und stellte ihm eine Frage, die ich wenige Momente davor auch mir selbst gestellt hatte: “Bereust Du irgendetwas seit damals?” Er drückte meine Hand fest und lächelte zurück. Mit einem Kopfschütteln antwortete er: “Nein, nicht eine Sekunde lang.”
Wie jedes Jahr um den 31.12. herum, wandern meine Gedanken zu vergangenen Jahren und vergangenen Erinnerungen im Monat Dezember. Aber bisher ist und bleibt der krasseste und aufregendste Dezember der von 2010.
Im Sommer dieses für uns bedeutenden Jahres hatte ich einen Zusammenbruch während einer Dienstreise in Alabama erlitten. Was danach folgte, waren drei intensive Monate mit sehr viel Therapie. Ganz ehrlich: Diese Monate waren hart und teilweise grausam. Aber diese Monate waren auch der erste Schritt in Richtung meines Heilwerdens. Natürlich nicht über Nacht. Aber mit der Zeit sah ich wieder Licht am Ende eines langen dunklen Tunnels. Mehr darüber hier.
Trotz oder vielleicht auch gerade wegen dieser intensiven Erlebnisse kribbelt es bis heute noch in meinem Bauch, wenn ich an diese Zeiten zurück denke. Ich sehe uns noch genau, mit dem schwarzen Marker in der Hand beim Kartons beschriften. Warum es bei so einem Rückblick im Bauch kribbelt? Weil weder mein Mann noch ich auch nur einen Schimmer hatten, was auf uns zukam.
Das einzige, was wir wussten war das: Jesus hatte uns aus dem Boot herausgerufen. Auf uns wartete ein Abenteuer. Und wir hatten aus vollem Herzen dazu JA gesagt. Wir wussten beide: Egal, was kommt, wir gehen da nicht alleine durch. Jesus ist in unserer Mitte.
Höhen und Tiefen
In den neun Jahren, die seitdem vergangen sind, haben wir viele Höhen und Tiefen gemeinsam durchschritten. Angefangen haben wir gleich im Tal des Todesschattens (Psalm 23). Nicht einmal ein Jahr nachdem wir in Deutschland gelandet waren, traf uns das Schicksal hart. Wir trauerten bereits kurz nach seiner Geburt um unseren erstgeborenen Sohn. Er lebte nur zwei Stunden. Und trotzdem oder gerade deshalb waren unsere Augen auf Jesus gerichtet.
Manche Momente dachten wir, wir schaffen das alles nicht. In manchen Momenten klammerten wir uns einfach nur noch an Gottes Verheißungen, um nicht unterzugehen.
“Wenn du durchs Wasser schreitest, bin ich bei dir, wenn durch Ströme, dann reißen sie dich nicht fort. Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt, keine Flamme wird dich verbrennen.”
Jesaja 43:2
Nach diesem tiefen Tal kamen Zeiten der Oasen und sinnbildlichen Berggipfel – unsere Tochter wurde geboren! Und drei Jahre später noch ein Sohn. Sie sind der größte Segen für unser Leben. Manchmal sitzen wir abends da und weinen. Vor Glück. Weil wir es kaum fassen können, dass wir so reich beschenkt worden sind als Familie.
Zwischen all diesen herrlichen und schillernden Zeiten liegen aber auch ganz viele nicht so coole Etappen. Weitere Täler wie z.B. Arbeitslosigkeit, Zweifel, fehlende Durchbrüche, nicht eingetretene Gebetserhörungen und jede Menge zwischenmenschliche Herausforderungen als Paar.
Das will ich auch!
Wir kriegen oft diesen Satz zu hören: “Ach, das was ihr als Ehepaar habt, das wollen wir auch haben! Diese Nähe, dieses noch ineinander verliebt sein nach fast zwanzig Jahren.“
Oft kriege ich in solchen Momenten nicht mehr als ein mildes Lächeln über die Lippen. Was ich eigentlich in so einer Situation sagen möchte, ist: Das kostet Arbeit. Jede Menge. Und mehr als das. Wir beide, mein Mann und ich, haben das schon diversen Menschen gesagt: Für uns bedeutet es, die eigenen Pläne zurückzustecken, die eigene Komfortzone immer und immer wieder zu verlassen. Den anderen höher zu achten als sich selbst. Die eigene Agenda zugunsten der Einheit in der Ehe zurückzulassen. Ansonsten funktioniert es nicht.
Sind wir ein Team?
Wir haben keine “Fünf Schritte zur glücklichen Ehe”. Und wir haben nach wie vor ab und an unschöne Situationen. Lange nicht mehr so intensive wie früher. Aber wir sind beide Menschen und da rappelt es eben immer mal wieder im Karton. Das erklären wir auch den Kindern so. Wir leben eine authentische Beziehung vor und mit den Kindern. Und seit besagtem Jahr 2010 haben wir gemerkt, dass selbst wenn der Streit auch noch so intensiv ist, einer von beiden an einem gewissen Punkt innehält und auf den anderen zugeht. “Schatz, lass uns aufhören zu streiten. Wir sind ein Team.”
“Viele Ehen wären besser, wenn der Mann und die Frau wirklich verstehen würden, dass sie am gleichen Strang ziehen.”
Zig Ziglar
Einen Rat haben wir für all diejenigen, in deren Ehe es vielleicht gerade so kriselt wie bei uns früher: Eine starke und gesunde Ehe ist nichts, was man einfach irgendwo findet. Es ist etwas, das man erschaffen und dann bewahren muss. Es bedeutet Arbeit. Und ganz sicher bedeutet es jede Menge Vergebung, Gebet und in manchen Fällen auch eine gute Portion externe Beratung.
Die Wahrheit in Liebe
Für uns war und ist es all das wert. Über die Jahre hat unsere Ehe feste Wurzeln bekommen. Wir stehen fest auf unserem Fels, Jesus Christus. Und wir halten in allen Höhen und Tiefen an unserer Vision fest: Wir wollen zusammen alt und grau werden, mit Falten und all dem, was da eben dazugehört.
Uns hilft ein Vers aus der Bibel dabei, unseren Fokus zu behalten und die Perspektive immer wieder neu zu justieren:
“Stattdessen sollen wir in einem Geist der Liebe an der Wahrheit festhalten, damit wir im Glauben wachsen und in jeder Hinsicht mehr und mehr dem ähnlich werden, der das Haupt ist, Christus.”
Epheser 4:15
Ich möchte dich ganz arg ermutigen: In meinen dunkelsten und schlimmsten Stunden und Momenten als Mutter, Ehefrau oder einfach als Frau wusste ich eines ganz sicher: Jesus würde mich nie im Leben im Regen stehen lassen. Nicht eine Sekunde würde er mir von der Seite weichen. Ich verstehe nicht alles, was in meinem Leben bisher geschehen ist, sicher nicht. Aber das hält mich nicht davon ab, ihm, meinem besten Freund, von ganzem Herzen und mit meinem ganzen Sein zu vertrauen. Mit allem was ich bin.